Autobranche hofft auf Übersee

Auf dem Pariser Automobilsalon trügt der schöne Schein: Die auf Hochglanz polierten Neuheiten der PS-Branche bekommen zwar noch ihre Premierenparty, in Feierstimmung sind die Hersteller aber nicht mehr. Denn der Pkw-Absatz ist auf vielen europäischen Märkten eingebrochen, worunter vor allem auf Europa konzentrierte Volumenanbieter wie Fiat, Peugeot oder auch Opel leiden. Die Premium-Automobilindustrie in Baden-Württemberg ist von diesem Abwärtstrend zwar bislang weniger betroffen, doch auch im Südwesten haben sich die Konjunkturerwartungen zuletzt deutlich verschlechtert. Nunmehr ruhen die Wachstumshoffnungen ganz auf den Märkten in Übersee, allen voran China und den USA.  

Der Ifo-Geschäftsklimaindex für die Automobilbranche in Baden-Württemberg fiel von August bis September um sieben auf minus 28 Punkte. Während die befragten Autohersteller und -zulieferer ihre aktuelle Lage noch immer leicht positiv beurteilen (plus 9,0 Punkte), sehen sie für die kommenden Monate mindestens dunkelgrau: Der Indexwert für die Geschäftserwartungen liegt mittlerweile bei minus 58 Punkten. Zum Vergleich: Das Verarbeitende Gewerbe insgesamt liegt nur bei minus 29 Punkten.

Auch die Oberklassehersteller sehen eine schwierigere Wegstrecke vor sich. Daimler-Chef Dieter Zetsche räumte bereits ein, dass der operative Gewinn im Pkw-Geschäft 2012 unter dem Vorjahreswert liegen werde, und kündigte zugleich ein Sparpaket an. Allerdings klagt Zetsche auch auf hohem Niveau: Die Sparte Mercedes-Benz hatte 2011 noch einen operativen Gewinn von 5,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Porsche-Vorstandschef Matthias Müller kündigte für das laufende Jahr zwar noch ein sattes Absatzplus um 17 Prozent auf rund 140.000 verkaufte Sport- und Geländewagen an, warnte allerdings für 2013 vor einem abgeschwächten Wachstum in  einem weltweit schrumpfenden Markt.

Klarer Wettbewerbsvorteil der Branche im Südwesten ist ihre globale Marktausrichtung: Nicht nur Porsche und Daimler, sondern auch die Unternehmen der Zulieferindustrie erwirtschaften einen großen Teil ihrer Erlöse außerhalb Europas. Der Getriebespezialist ZF-Friedrichshafen beispielsweise steigerte seinen Umsatz im bisherigen Jahresverlauf weltweit um 16 Prozent, in China jedoch um 32 und in den USA sogar um 44 Prozent. Beim Zulieferer Mahle ist Europa zwar nach wie vor der wichtigste Markt, im laufenden Jahr wird das Unternehmen aber in Übersee erstmals mehr verdienen als auf dem Heimatkontinent. So erwirtschaftet Mahle voraussichtlich jeweils 20 Prozent seines Umsatzes in China und Nordamerika und weitere zwölf Prozent in Südamerika.

Ein Wermutstropfen allerdings ist aus baden-württembergischer Perspektive, dass das Wachstum in Übersee nur zum Teil aus den Fabriken im Südwesten stammt. Die meisten Unternehmen der Automobilindustrie sind längst mit eigenen Werken auf den Auslandsmärkten präsent. Bosch beispielsweise beschäftigt mittlerweile über 30.000 Mitarbeiter in China, 2015 sollen es gut 50.000 sein. Daimler fertigt seit 2006 in China und hat jüngst den Grundstein für ein neues Werk gelegt, in dem ab 2014 ein neuer Kompaktwagen vom Band rollen soll – parallel zur Fertigung in Rastatt und im ungarischen Kecskemét. Für Porsche ist die Expansion nach Übersee zumindest derzeit kein Thema, so Vorstandschef Müller. Wer so viel Lokalpatriotismus honorieren will, sollte aber nicht auf krisenbedingte Sonderpreise warten: Rabatte seien für Porsche kein Weg. „Wir verkaufen lieber mal ein Auto weniger, als dass wir es verramschen", kündigte Müller an.

Zurück Drucken