06.10.2013|Bauhauptgewerbe

Baukonjunktur: Insgesamt robust – Tiefbau macht Sorgen

Die Bauindustrie im Südwesten beurteilt die weitere Konjunkturentwicklung uneinheitlich. 

Während das L-Bank-ifo-Geschäftsklima für das Bauhauptgewerbe im September knapp in den negativen Bereich gerutscht ist, hat sich die Stimmung bei den baunahen Vorleistungsgüterproduzenten deutlich verbessert. Das Geschäftsklima im Sektor Glas, Keramik, Steine und Erden kletterte gegenüber August um zehn auf vierzehn Punkte.

Zwar ist die aktuelle Geschäftslage in allen Segmenten des Bauhauptgewerbes nach wie vor positiv, die Erwartungen haben sich jedoch eingetrübt. Das gilt insbesondere für den Tiefbau. Bernhard Sänger, der Präsident des Verbands Bauwirtschaft Baden-Württemberg, machte dafür bei der Halbjahresbilanz der Branche Anfang September in erster Linie die „enormen Investitionsdefizite“ im öffentlichen Bausektor verantwortlich.

Dennoch glaubt Sänger, dass die Bauindustrie in Baden-Württemberg die vom Verband gesetzte Wachstumsmarke von einem bis zwei Prozent erreichen kann. Dies setze allerdings auch voraus, dass das Wetter mitspiele: Im ersten Halbjahr hatten der lange Winter und das nasse Frühjahr der Branche einen „Strich durch die Rechnung“ gemacht, betont der Verbandspräsident. Mit einem Umsatzplus von nur 0,6 Prozent seien die Erwartungen an die ersten sechs Monate zwar nicht erfüllt worden, gemessen am bundesweiten Umsatzminus von fünf Prozent sei die Bauindustrie im Südwesten aber „glimpflich“ davon gekommen.

Wachstumsimpulse kommen weiterhin vom Wohnungsbau: Die Zahl der Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser stieg nach Verbandsangaben im ersten Halbjahr um gut zwei Prozent, für Mehrfamilienhäuser sogar um 16 Prozent. Allerdings sieht Sänger zumindest einen Teil des Booms im niedrigen Zinsniveau begründet, das sich „je nach Euro-Stabilität“ schnell wieder drehen könne.

Der Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg sieht hingegen einen langfristigen Bedarf. So sei der Wohnungsbau im Land „jahrelang sträflich vernachlässigt“ worden, kritisiert der Verband im aktuellen Jahresbericht 2012/2013. Vor allem in den Ballungszentren gebe es einen starken Wohnungsmangel. Eine Einschätzung, die auch durch die Studie Wohnungsmarktbeobachtung der L-Bank gestützt wird: Mit rund 30.000 Baufertigstellungen im Jahr 2012 zog der Wohnungsneubau zwar deutlich an. Durch die starke Zuwanderung dürfte allerdings die Nachfrage das Angebot noch immer deutlich übersteigen. Die Zahl der fertiggestellten Bauten wird also den Bedarf an Wohnungen nicht decken können.

Dem Immobilienportal Immowelt zufolge stiegen die Quadratmetermieten in der Südwest-Wirtschaftsmetropole Stuttgart seit 2008 um fast 20 Prozent. Auch in attraktiven Studentenstädten wie Freiburg (plus 14 Prozent) und Karlsruhe (plus 13 Prozent) zogen die Nettomieten in den vergangenen fünf Jahren drastisch an. Dass es auch Städten mit wachsender Bevölkerung gelingen könne, den Preisanstieg zu begrenzen, zeige das Beispiel Tübingen: Hier sei das Mietniveau seit 2008 nur um sechs Prozent gestiegen – weil die Stadt eine effiziente Wohnungsbaupolitik betrieben habe.

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