Konsumgüterindustrie: Starke Marken gegen den Abschwung

Die Krisenstimmung hat im Juli auch den Südwesten erfasst. Bemerkenswerte Ausnahme ist die Konsumgüterindustrie. Diese Branche berichtet im aktuellen L-Bank-ifo-Konjunkturtest Baden-Württemberg als einzige über ein freundlicheres Geschäftsklima. Für Zuversicht sorgen steigende Einkommen im Inland, ein überraschend starker Export und vor allem das Vertrauen auf starke Marken.

Die Städte Giengen, Metzingen oder Geislingen kennen nicht viele Menschen außerhalb Baden-Württembergs, die dort ansässigen Unternehmen Steiff, Hugo Boss und WMF sind hingegen weltweit ein Begriff. Diese Aufzählung ließe sich (beinahe) beliebig verlängern: Starke, international bekannte Marken sind für die Konsumgüterindustrie zwischen Mannheim und Konstanz prägend. Dabei macht sich die Fokussierung auf Spitzenqualität und innovatives Design im Wortsinne bezahlt: Verbraucher im In- und Ausland lassen sich die Markenware aus Baden-Württemberg durchaus etwas kosten, und zwar auch in der aktuellen Krise.

Diese Erkenntnis stimmt die Konsumgüterhersteller nach einem vorübergehenden Stimmungstief wieder optimistisch: Nachdem der Geschäftsklimaindex in der Konsumgüterindustrie im Juni erstmals seit Dezember 2011 in den roten Bereich gefallen war (minus zwei Punkte), stieg das Barometer im Juli wieder deutlich auf plus zwölf Punkte. Zum Vergleich: In der Gesamtwirtschaft in Baden-Württemberg verschlechterte sich das Geschäftsklima von null auf minus zwei Punkte.

Tatsächlich ist von der Wirtschaftskrise in den Bilanzen prominenter Branchenunternehmen nichts zu sehen. Beim Haushaltswarenhersteller WMF stieg der Umsatz im ersten Quartal um immerhin fünf Prozent. Die Entwicklung in Südeuropa verfolgt Vorstandschef Thorsten Klapproth nach eigenen Worten zwar „sehr genau“, den für sein Unternehmen erwarteten positiven Geschäftsverlauf sieht er jedoch nicht in Gefahr. „Lifestyle-Produkte made in Germany sind auch im Ausland ein Erfolgsfaktor“, betont Klapproth. Wachsen dürfte WMF vor allem in Fernost: Allein in China betreibt WMF mittlerweile 85 Markenshops.

Sehr gute Geschäfte im gehobenen Preissegment macht auch der Modekonzern Hugo Boss. Ausgerechnet in Europa verbuchte das Unternehmen ein deutlich zweistelliges Umsatzplus, und sogar in Südeuropa waren die Zuwächse „erfreulich“, so Boss-Chef Claus-Dietrich Lahrs. Zudem zeigen die Zahlen, dass die Euro-Krise für exportorientierte Hersteller durchaus positive Seiten hat: Wegen des schwachen Euro-Kurses stieg der Umsatz des Modeherstellers im zweiten Quartal um 20 Prozent. Ohne den Wechselkurseffekt läge der Zuwachs um immerhin sechs Prozentpunkte niedriger.

Doch auch aus dem Inland kommen positive Signale für Baden-Württembergs Konsumgüterindustrie. Wegen hoher Tarifabschlüsse in Schlüsselbranchen dürfte die Kaufkraft der Haushalte sowohl bundes- als auch landesweit zunächst weiter steigen: Tarifbeschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie bekommen seit Mai 4,3 Prozent mehr Lohn, in der Chemieindustrie steigt das Entgelt ab Sommer um 4,5 Prozent. Da sich gleichzeitig die landesweite Teuerungsrate im Juli auf 1,4 Prozent abgeschwächt hat, profitieren die Arbeitnehmer per Saldo von realen Einkommenszuwächsen.

Für eine robuste Konsumentwicklung spricht nicht zuletzt der jüngste Anstieg des bundesweiten Konsumklimaindex’ (plus 0,1 auf 5,9 Punkte). Der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zufolge setzen die Verbraucher „eher auf Immobilien oder Möbel“ als auf Geldanlagen. Ein großer Teil der Lohnerhöhungen wird also in den Konsum fließen – und damit auch zu Markenherstellern im Südwesten.

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